Seit 2002 arbeite ich, Ruth Tillner in Zusammenarbeit mit anderen Kolleginnen und Kolleginnen an der Durchführung und Entwicklung der Haltung der Neuen Autorität. Das dahinter stehende Konzept wurde von Prof. Dr. Haim Omer in Tel Aviv/Israel entwickelt. Es geht um die (Wieder-) Herstellung der elterlichen sowie professionellen Präsenz gegenüber destruktiv und gewaltbereit handelnden Kindern und Jugendlichen. Gemeinsam mit Prof. Dr. Arist von Schlippe und dem Institut für Familientherapie Weinheim entwickelte sich dabei ein Gesamtvorgehen, was auch unter dem Begriff des Systemischen Elterncoachings bekannt geworden ist.
In der Entwicklung dieser Haltung stehen wir im engen Kontakt und gemeinsamen Austausch zu Dr. Haim Omer und Dr. Arist v. Schlippe und anderen nationalen und internationalen Kolleginnen und Kollegen (u.a. dem Team von Haim Omer in Tel Aviv/Israel sowie dem IF Weinheim) und sind Netzwerken mit anderen Kolleg:innen verbunden.
Neue Autorität ist eine Haltung, die sich für uns begründet aus einem humanistischen und systemischen Weltbild. In der konkreten Arbeit kommt der eigenen Haltung dementsprechend eine große Rolle zu. Dabei meint Haltung auch die Auseinandersetzung mit der eigenen Präsenz sowie höchstmöglicher Transparenz im Prozess. Ziel der dazugehörigen Methoden ist das Gewinnen einer (neuen) Stärke und eines deutlichen Widerstandes gegenüber destruktiven und gewaltbereiten Verhaltens. Diese Methoden sind nicht auf Machtausübung, sondern auf Beziehungsangebote, Öffentlichkeit und De-Eskalation ausgerichtet. Dabei nutzen wir Methoden des Nicht-Gewaltsamen Widerstandes (Non-Violent-Resistance) nach Gandhi und King.
Wir arbeiten konkret mit Familien und pädagogischen Fachkräften (in Schulen, Jugendhilfeeinrichtungen sowie Pflege- und Adoptivfamilien) an einem Umgang im Rahmen der Neuen Autorität, wenn Erziehungssituationen eskaliert sind.
Im Laufe der Zeit hat sich auch dieser Ansatz bei Führungskräften etabliert. Dies bedeutet, dass Führungskräfte zunehmend nach einer guten und auf Stärke basierender Haltung ihre Leitungskompetenz erweitern möchten. Vermehrt sind Ausbildungsbetriebe sowie Handwerkskammern interessiert, neue Wege zu gehen.
Im Rahmen von Supervision und Fortbildungen entwickeln wir mit Teams und Einrichtungen der Jugendhilfe und Schulen Konzepte und Grundhaltungen, die ein Auftreten von Gewalteskalation weniger wahrscheinlich machen.
Wir bieten eigene sowie interne Seminare und Curricula an, um in die Haltung der Neuen Autorität, in das nicht-gewaltsame pädagogische als auch das eigene therapeutische/beraterische Handeln einzuführen.
Wir haben uns der Charta der NVR Counters Group verpflichtet:
„We commit to the principles of NVR (non-violent resistance) in our life and work. In the spirit of Gandhi, Martin Luther King and others we support each other in the promotion and the dissemination of the NVR attitude in ourselves, in families, schools, communities, organizations and in the political sphere. We raise our voice and take a stand for a responsible leadership in an open and transparent manner.“
„Wir verpflichten uns den Grundsätzen des Gewaltlosen Widerstandes in unserem Leben und unserer Arbeit. Im Geiste von Gandhi, Martin Luther King und anderen unterstützen wir einander bei der Förderung und Verbreitung der Haltung des GLW in uns, in Familien, Schulen, Gemeinden, Organisationen und in der Politik. Wir erheben unsere Stimme und beziehen Stellung für eine verantwortungsvolle Führung auf eine offene und transparente Art.“
In einem laufenden Prozess denken wir mit anderen, wesentlichen Ausbildungsinstituten im deutschsprachigen Raum über unsere Qualität nach. Wir möchten diesen Prozess hier sichtbar machen und unsere eigenen Kriterien allen Einzelpersonen und Organisationen für die Selbstreflexion zur Verfügung stellen.
Persönliche Selbstverpflichtungen für Praktiker:innen der Neuen Autorität
Wir verbinden uns in der Haltung der Neuen Autorität (NVR, transformative, systemische, verbindende Autorität….).
Wir verstehen darunter, sich permanent als Lernende*r in einer Entwicklung dieser Haltung zu sehen und diese anderen zuzutrauen.
Wir handeln bewusst gewaltlos, transparent und deeskalierend.
Wir widersetzen uns Machtmissbrauch und Gewalt.
Wir verstehen Präsenz als die Wiederherstellung von Beziehung und der Ermöglichung von gemeinsamem Handeln – insbesondere im Konflikt.
Wir verpflichten uns zu reflektieren, Mitverantwortung zu übernehmen und gemeinsam zu handeln.
Wir vernetzen uns in unserer Autonomie und achten die der anderen.
Wir respektieren die Würde jedes einzelnen, sehen die positiven Seiten von Menschen und sprechen sie an.
Wir wollen schlussendlich beitragen zu einer wohlwollenden und friedlichen Welt.
Wir streben den Dialog über unser Verständnis dieser Grundsätze an und laden dazu ein.